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Anlage

Kann mit der Wasserdruckprüfung eine ausreichende „Dichtheit“ nachgewiesen werden?

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Die Wasserdruckprüfung (Hydrostatische Druckprüfung) gemäß Anhang I Nr. 3.2.2 der Druckgeräterichtlinie wird im Rahmen der Schlussprüfung durchgeführt und soll in erster Linie den Nachweis einer ausreichenden Druckfestigkeit des Druckgerätes bzw. Bauteils erbringen (Druckfestigkeitsprüfung). Diese Druckprüfung wird unabhängig vom später verwendeten Fluid (Gas oder Flüssigkeit) in der Regel mit Wasser (ggf. mit anderen Flüssigkeiten) durchgeführt (hydrostatische Druckprüfung). Unter bestimmten Voraussetzungen kann in Ausnahmefällen diese Prüfung auch als Gasdruckprüfung durchgeführt werden z. B. wenn Flüssigkeiten aufgrund von Einbauten für das Druckgerät ungeeignet wären.

Dichtheitsanforderungen gemäß der Druckgeräterichtlinie

Die DGRL enthält diekt keine Anforderungen an die Dichtheit bzw. Dichtheitsnachweis des Druckgerätes. Lediglich bei der Auslegung nach experimentellen Methode unter Punkt 2.2.4 des Anhang I der DGRL besteht die Anforderung, dass bei der Druckfestigkeitsprüfung keine „signifikante Undichtheiten“ auftreten dürfen.
Nur indirekt über die Ermittlung der druckbedingten Gefahren im Rahmen der vom Druckgerätehersteller durchzuführenden Gefährungsanalyse können sich Dichtheitsanforderungen stellen, z. B. wenn durch Leckagen von giftigen Fluiden Gefährdungen entstehen. 
Der Druckgerätehersteller muss daher die Dichtheitsanforderungen selber festlegen, wenn er dies im Rahmen der Risikoanalyse für erforderlich hält. Dazu gehören z. B. konstruktive Anforderungen, das geeignete Dichtheitsprüfverfahren, die Nachweisgrenze (zul. Leckagerate), der Prüfzeitpunkt, das geeignete Prüfmittel. Unberührt bleiben die Anforderungen, für die sich der Hersteller im Rahmen des Vertragsrechts verpflichtet hat z. B. Bestellvorschriften bzw. Kundenspezifikationen.

Welche „Dichtheit“ ist gemeint? 

Eine absolute Dichtheit gibt es nicht. Jede Weichstoffdichtung oder jede lösbare Verbindung z. B. Flanschverbindung ist selbst bei optimaler Ausführung etwas gasdurchlässig. Dabei spielt die Viskosität des Fluids eine entscheidende Rolle. So können kleinste Spalten und Öffnungen für Flüssigkeiten (hohe Viskosität) „dicht“ sein, Gase (niedrige Viskosität) aber in relativ großen Mengen durchlassen. 
In der Technik muss man daher eine gewisse „Undichtheit“ zulassen, man spricht von einer Leckagerate. Als Maß für die Leckagerate ist die Einheit mbar•l/s. Als Kriterium für „dicht“ kann eine spezifizierte zulässige Leckagerate sein. Bei der Bewertung gilt ein Bauteil als „dicht“, wenn die mit dem gewählten Prüfverfahren und der erforderlichen Prüfempfindlichkeit die nachgewiesene Leckagerate nicht größer ist als die zulässige Leckagerate.

Reicht die Wasserdruckprüfung für den Dichtheitsnachweis aus? 

In der Praxis wird die Wasserdruckprüfung im Rahmen der Festigkeitsprüfung meist auch für den Dichtheitsnachweis verwendet, d. h. während bzw. nach einer bestimmten Druckhaltezeit (meist 30 Minuten) wird visuell geprüft, ob Leckagen auftreten. Dieser Dichtheitsnachweis kann in bestimmten Anwendungsfällen ausreichend sein (wasserdicht), z. B. wenn das Druckgerät für ein flüssiges Fluid bestimmt ist. Wird das Druckgerät jedoch mit einem anderen dünnflüssigen Fluid wie z. B. Benzin, Petroleum oder einem gasförmigen Fluid betrieben, reicht die Wasserdruckprüfung für einen Dichtheitsnachweis nicht aus. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Dichtheitsprüfung mit Luft oder anderen Prüfgasen erforderlich, die allerdings vor der Wasserdruckprüfung durchgeführt werden sollte. Wird die Dichtheitsprüfung mit Luft bzw. anderen Prüfgasen nach der Wasserdruckprüfung durchgeführt, so kann aufgrund einer möglichen „Verstopfung“ eines Leckkanals durch Wasser eine Dichtheit vorgetäuscht werden, was später im Betrieb zu unzulässigen Gas-Leckagen führen kann. Falls die Dichtheitsprüfung nach der Wasserdruckprüfung durchgeführt wird, sind vorher aufwendige Trocknungsmaßnahmen erforderlich (kurzes Durchblasen mit heißer Luft reicht dabei nicht aus).

Für unterschiedliche Nachweisgrenzen stehen geeignete Dichtheitsprüfverfahren nach EN 1779 zur Verfügung, die der Hersteller entsprechend seinen Anforderungen auszuwählen und festzulegen hat z. B. 

  • Blasenprüfung unter Luftdruck im Wasserbad (Verfahren C1 nach EN 1779)
  • Blasenprüfung unter Luftdruck mit schaumbildenden Mitteln (Verfahren C2 nach EN 1779)
  • Druckabfall- bzw. Druckanstiegsmethode gem. EN 13184
  • Dichtheitsprüfung unter Verwendung von speziellen Prüfgasen (Helium/Wasserstoff) mit Leckdetektoren gem. DIN EN ISO 20485

Zusammenfassung

Nur bei geringen Dichtheitsanforderungen z. B. bei flüssigen Fluiden kann die Wasserdruckprüfung gleichzeitig auch als Dichtheitsnachweis gelten. Anderenfalls muss der Hersteller des Druckgerätes entsprechend der zul. Leckagerate geeignete Dichtheitsprüfungen mit Luft bzw. anderen Prüfgasen vor der Wasserdruckprüfung durchführen.

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